Das Klassenzimmer und seine heutige Bedeutung – ein studentisches Projekt am Kopernikus-Gymnasium

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Kreidetafel, Lehrerpult, Schulbank – diese „Urelemente“ des Klassenzimmers prägen das räumliche Erscheinungsbild auch heute noch. Allerdings hat sich der Raum in den letzten Jahrzehnten optisch weiterentwickelt: Tische und Stühle sind moderner und die ersten digitalen Geräte, wie das interaktive Whiteboard, hielten Einzug.

Neben der Modernisierung lassen sich aber auch Veränderungen beobachten, die auf einen ganz anderen, tiefgreifenderen Wandlungsprozess des Klassenzimmers hinweisen: anstatt der klassischen Tischreihen haben sich gemeinschaftsfördernde Sitzordnungen, wie die U-Form, etabliert und nächst der Weltkarte schmücken nun ebenfalls selbstgestaltete Plakate (persönliche Steckbriefe, Klassenregeln etc.) der Schülerinnen und Schüler oder das gemeinsame Klassenfoto die Wände.

Im Vergleich zu früher ist das soziale Miteinander stärker in den Vordergrund gerückt und der Begriff der Klassengemeinschaft wurde immer wichtiger, sodass das Klassenzimmer heutzutage viel mehr als ein reiner Lernort ist. Doch aus was genau besteht dieses „Mehr“? Welche Bedeutung hat das Klassenzimmer heutzutage?

Dieser Frage nachgehend, besuchte ich am 20. und 22. Juni das Kopernikus-Gymnasium in Wissen, an dem ich selbst auch schon meine Schulzeit verbrachte und vor fünf Jahren mein Abitur absolvierte. Anschließend begann ich mein Architekturstudium an der RWTH Aachen, von wo aus mich mein Weg nun wieder an meine ehemalige Schule führte. Im Rahmen des Forschungsfeldes „Räumliche Narrative“ (Lehrstuhl für Planungstheorie und Stadtentwicklung) haben wir als Masterstudierende nämlich die Möglichkeit erhalten, einen Raum unserer Wahl zu untersuchen und ein eigenes kleines Forschungsprojekt durchzuführen.

Die Entscheidung, mich dem Raum des Klassenzimmers zu widmen, liegt in meinem persönlichen Interesse für Bildung begründet. Es ist mir daher ein Anliegen, das Bewusstsein für die Relevanz der Institution Schule, auch in der Architektur und vor allem in Anbetracht der zahlreichen Herausforderungen, vor die der Schulbau steht, zu schärfen. Das Klassenzimmer ist hierbei nicht nur Dreh- und Angelpunkt einer Schule, sondern auch ein wichtiger Raum für Schülerinnen und Schüler innerhalb ihrer Schulzeit.

Im Zuge meines Besuches führte ich doppelstündige Workshops in drei unterschiedlichen Klassen durch, in denen es darum ging, zunächst die persönliche Bedeutung des Klassenzimmers für Schülerinnen und Schüler herauszufinden: Wie wird der Raum von ihnen wahrgenommen? Was verbinden sie mit ihm? Welche Geschichten werden häufiger erzählt und welche Narrative lassen sich daraus ableiten? Anhand verschiedenster kreativer Aufgaben, wie das Bauen eines abstrakten Modells des Klassenzimmers oder das Überformen des Raumes mit Farb- und Wortkarten, wurden unterschiedliche Perspektiven und Einstellungen der Schülerinnen und Schüler sichtbar. Für die einen ist es ein Ort gemeinschaftlichen Lernens, des Zusammenhalts oder sogar eine Art von „Zuhause“. Andere wiederum assoziieren das Klassenzimmer mit Leistungsdruck, negativen Erfahrungen oder technischen Defiziten. Durch ergänzende Umfragen und Diskussionen, unter anderem auch mit den Lehrenden, fügte sich ein immer komplexer werdendes Gesamtbild des Klassenzimmers zusammen. Denn letztlich hat das Klassenzimmer nicht nur eine Bedeutung, sondern lässt sich in verschiedene Bedeutungsebenen auffächern, die aus hervorgerufenen Gefühlen und Assoziationen, räumlichen Bildern, erlebten Erfahrungen oder Idealvorstellungen bestehen können.

Die Erkenntnisse aus den Workshops werden im weiteren Verlauf meiner Arbeit wichtige Grundlagen für die Erstellung und Ausformulierung der verschiedenen Bedeutungsebenen sein, die im Anschluss in Bezug zueinander gesetzt werden und das Ziel verfolgen, das Klassenzimmer in seiner Komplexität darzustellen.

An dieser Stelle möchte ich mich herzlichst für die schöne Erfahrung und für die Unterstützung seitens der Schulleitung, der Hausmeister, der Lehrenden und vor allem der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler bedanken!

 

Verfasst von Natascha Pencic



Eingstellt von: Robert Winter | Stand: 28.07.2022